6.11.: Gründungstreffen für ein Reinigungskollektiv

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Wir haben vor in den nächsten Wochen und Monaten ein Reinigungskollektiv für Berlin zu gründen. Dafür sind wir auf der Suche nach Mitstreiter:innen! Wenn ihr selbst Interesse habt, meldet euch bei uns oder leitet diese Einladung an Interessierte weiter. Auch falls ihr Menschen oder Orte kennt, bei denen Interesse besteht, meldet euch gern: r.dahm@kollektivberatung.de. Wir freuen uns über Hinweise.
Wir wollen am 6. November ein erstes Treffen veranstalten damit sich interessierte Kennenlernen können. Bitte schreibt uns, wenn Interesse besteht, dann erhaltet ihr eine Einladung.
Bitte schreibt uns auch etwas zu euch. Z.B. zu euren Vorkenntnissen im Bereich der Reinigung und/oder kollektiven Prozessen.

Hintergrund
Die Arbeitsbedingungen im Reinigungsgewerbe sind in vielen Betrieben in Berlin durch niedrige Löhne, informelle Arbeits– und Abhängigkeitsverhältnisse geprägt. Gleichzeitig haben viele Büros, Betriebe und auch Privatpersonen einen Bedarf an professioneller Reinigung.
Sicherlich sind einige bereit, diese Dienstleistungen besser zu bezahlen, wenn klar ist, dass die Bezahlung auch bei den Beschäftigten ankommt. In Verbindung mit ökologischen Angeboten ist davon auszugehen, dass mittelfristig gute Entwicklungsmöglichkeiten bestehen.
Viele in diesem Bereich Arbeitende sind informell beschäftigt, gerade in privaten Haushalten. Dies hat für die einzelnen jeweils Vor- und Nachteile. Ein Nachteil ist, dass die Arbeit nicht abgesichert ist (Krankheitsfall). So könnte es von Interesse sein, über einen kollektiven Reinigungsbetrieb eigene (Kleinst-)Aufträge zu bündeln und ein formalisiertes Anstellungsverhältnis mit sozialversicherungspflichtigen Absicherungen zu erreichen. Damit lassen sich Urlaubsvertretung und Krankheitsfall über eine kollektive Struktur bzw. Firma besser regeln – auch für Minijobber:innen. Für einzelne könnte eine formalisierte Anstellung auch eine Erleichterung bezüglich eines dauerhaften Aufenthaltstitels bedeuten.
Im Bereich der Gebäudereinigung arbeiten viele, für die deutsch nicht die Erstsprache ist. Wenn möglich (und gewünscht) sollen Qualifizierungsangebote „berufsbegleitend“ ermöglicht werden. Dies soll nicht nur in Bezug auf Sprachkenntnisse gelten, sondern auch in Bezug auf formale Qualifikationen u.a. auch, um individuelle Perspektiven außerhalb des Reinigungssektors zu verbessern.

Prinzipien
Ein neuer Betrieb sollte genossenschaftlich organisiert sein. Dies muss nicht zwingend in der Rechtsform einer eG stattfinden, vorstellbar wäre auch eine GmbH mit einem Verein/GbR als Gesellschafter, dem alle Beschäftigten angehören. Ziel ist eine Eigentümerstruktur, in der die Beschäftigten zugleich Eigentümer:innen des Betriebes sind. So soll langfristig eine Selbstverwaltung sichergestellt werden. Gleichzeitig soll eine Vetostruktur gegen Verkauf/Privatisierung in der Eigentumsstruktur verankert werden, um den Betrieb auch gegen Privatisierungsinteressen der Beschäftigten abzusichern.
Weitere Prinzipien wären ein Einheitslohn für alle Beteiligten, unabhängig von der Qualifikation oder Tätigkeit. Es sollten allerdings Zuschläge für Nacht- und Wochenendarbeit möglich sein. Damit ein gutes gegenseitiges Verständnis der Arbeit aller Kollektivmitglieder entsteht, sollen alle Mitglieder zumindest in geringem Umfang alle Tätigkeiten vornehmen. D.h. auch die im Büro arbeitenden gehen hin und wieder putzen und umgekehrt.
Das Team sollte eine gewisse Diversität hinsichtlich Geschlecht, Nationalität/Herkunft, Bildungshintergrund u.a. mehr aufweisen. Um ein Gemeinschaftsgefühl sowie ein gegenseitiges Kennenlernen zu fördern und um Ziele und Bedürfnisse zu klären sollen in regelmäßigen Treffen Teambildung stattfinden. Es soll Trainings in Selbstorganisation und, wenn finanzierbar, Deutschkurse geben.
Alle Teamtreffen sollen vorbereitet und moderiert durchgeführt werden. Anstatt langen offenen Diskussionen soll mit prägnanten Methoden gearbeitet werden, Elemente aus Organisationsentwicklungsansätzen wie agiles Arbeiten sollen, wenn passend, genutzt werden um z.B. in Auswertungsrunden Verbesserungsvorschläge zu entwicklen.

Startphase
Da eine Neugründung mit Aufwand verbunden ist und das Gelingen nicht sichergestellt ist, könnte für den Beginn bzw. eine Versuchsphase entweder eine einfache Struktur gegründet werden über welche die ersten Aufträge abgerechnet werden. Alternativ könnten erste Aufträge über eine bestehende Gesellschaft abgewickelt werden.
Da es sich um einen zulassungsfreien Handwerksberuf handelt, wird für den Betrieb eines Reinigungsgewerbes kein Titel benötigt. Die Angebotspalette könnte mit der Zeit ausgeweitet werden. Im Bereich der Gebäudereinigung wäre dies z.B. hinsichtlich Hausmeisterdienstleistungen und Facility Management möglich. Im privaten Bereich könnten dies Umzugshilfen, Auf- und Abbau von Einbaumöbeln, Renovierungsarbeiten aber auch Betreuungsleistungen (Einkaufsdienste usw.) möglich sein. Dies immer auch in Abhängigkeit von Interessen und Fähigkeiten der Kollektivmitglieder.
Das erforderliche Equipment für einen Betriebsstart erscheint überschaubar und kann neuen Aufträgen und Mitarbeitenden entsprechend über die Zeit erweitert werden. So ist bei vielen Gebäudereinigungen das Equipment vor Ort gelagert, ein eigenes Auto/Lastenrad wird nicht zwingend benötigt. Bei anderen Aufträgen sind Auto und ggf. Putzmaschinen eine Voraussetzung.

Der Aufwand für die Gründung und für die Koordination des Betriebes sollte zunächst möglichst gering gehalten werden. Regelmäßige Treffen der Belegschaft sollten möglichst nur monatlich stattfinden, außer natürlich es besteht Interesse an mehr Austausch.
Für die Gründung sollten Personen hinzugezogen werden, die rechtliche, betriebswirtschaftliche und alle anderen Qualifikationen einbringen können. Dies ggf. auch über Berater:innen. 
Für eine Gründung bzw. den Anfang sollten ca. 6-15 Personen zusammenkommen. In der Regel verlassen im Gründungsverlauf die ersten Personen die Gruppe, bei einem Start mit zu wenigen Personen kann dies schnell zum Ende des Prozesses führen. Mit deutlich mehr Personen erscheint der Anfangsaufwand bei ungewisser Zukunft zu hoch (Kommunikation, Absprachen, Entscheidungen).

Mindestlohn und Überschüsse
Ab dem 01.12.2020 gilt bundesweit der Mindestlohn in Höhe von 10,80 € im Bereich der Innenreinigung (Lohngruppe 1). Für Außen- und Glasreinigungen gilt ab dem 01.12.2020 ein Mindestlohn von 14,10 €. Ein Reinigungskollektiv sollte zum Ziel haben, eine Bezahlung oberhalb des Mindestlohns zu erreichen. Gleichzeitig sollte eine Regelung für den Umgang mit Überschüssen gefunden werden. Sollten Überschüsse erwirtschaftet werden, sollten diese zumindest teilweise für andere Projekte oder politische Anliegen zur Verfügung gestellt werden.

Vernetzung und Kooperation
Eine Vernetzung mit anderen Kollektivbetrieben, der Union Coop // Föderation oder der FAU ist uns wichtig. Austausch und gegenseitige Unterstützung können wichtige Impulse für das eigene Vorhaben geben sowie bei der Weiterentwicklung von kollektiven Strukturen.
Beim Einkauf sollte immer geprüft werden, woher bzw. unter welche Bedingungen Produkte entstanden sind. Dabei sind Produkte aus kollektiver, sozialer und ökologischer Herstellung und Vermarktung immer zu bevorzugen. Als Beispiel für Reinigungsmittel aus kollektiver und ökologischer Herstellung können die Reinigungsprodukte der Kooperative Vio.Me gelten. Aber auch bei anderen Produkten, welche benötigt werden sollte immer zuerst auf Angebote kollektiver Strukturen zurückgegriffen werden (z.B. Druckprodukte, IT, Transport usw.).

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