Allgemeine Fragen
Etwas schwülstig ausgedrückt, ist ein Kollektivbetrieb der Versuch, eine Abkürzung zur Revolution zu nehmen, d.h. bereits im Hier und Jetzt möglichst viel einer emanzipierten Gesellschaft im kleinen Rahmen eines Betriebes umzusetzen: Ohne Chef und Hierachien gemeinsam und selbstbestimmt zu arbeiten und auf eine Wirtschaft hinzuarbeiten, die nicht einer abstrakten Profitlogik, sondern der Bedürfnisbefriedigung aller dient. Natürlich muss solch ein Versuch im Kapitalismus auch zu Widersprüchen und Problemen führen. Die verschiedenen Antworten darauf mögen ein Grund dafür sein, dass unter dem Label Kollektivbetrieb heute die verschiedensten Realitäten firmieren. Die meisten sind sicherlich sympathisch, bei einigen ist aber auch kaum noch ein Unterschied zu einem „normalen“ Betrieb zu finden. Wortschöpfungen wie „Betreiberkollektiv“ zeugen davon. Dies war für uns auch einer der Gründe, mit dem Konzept union coop etwas Klarheit zu schaffen. Die Kerngedanken dabei sind, dass ein Kollektivbetrieb im Besitz – nicht notwendigerweise im Eigentum – der dort jeweils Tätigen sein muss und dass alle Belegschaftsmitglieder die gleichen Rechte bezüglich der Entscheidungen und Entlohnung haben. Und dass, gerade um diese Prinzipien zu verteidigen und dem äußeren Druck standzuhalten, eine Einbindung der einzelnen Betriebe in in einem größeren – kollektiven – Rahmen wie der Föderation und der Gewerkschaft notwendig ist. Näheres hierzu findet sich unter
Prinzipien.
Diese Frage stellt sich jedes Kollektiv recht bald. Leider ist die Antwort, dass es keine ideale Rechtsform für einen Kollektivbetrieb gibt. Das herrschende Recht sieht schlicht keine legale Form für einen in unserem Sinne kollektiv geführten Betrieb vor. Das heißt, wir müssen auf eine der vorhandenen Rechtsformen zurückgreifen und die verschiedenen Vor- und Nachteile abwägen. Ob nun Verein, Genossenschaft, GbR, GmbH oder eine andere das passendste Konstrukt für das jeweilige Kollektiv ist, ist nicht nur eine Frage des Verwaltungsaufwand, der Bereitschaft zur persönlichen Haftung oder des vorhandenen Kapitals, sondern hängt auch von der Branche, der Größe und Zusammensetzung des Kollektivs und letztlich den individuellen Vorstellungen ab.
Natürlich sollte in einer Satzung oder einem Gesellschaftsvertrag bereits möglichst viel an kollektiver Struktur festgehalten werden, darüber hinaus empfehlen aber auch wir die Ausarbeitung eines internen Kollektivstatuts, in dem die eigentliche Struktur festgehalten wird (Hier findet sich eine Vorlage für solch ein Statut). Ein solches Statut schafft Klarheit und eine faktische Verbindlichkeit unter den Kollektivmitgliedern. Da es aber umstritten ist, welche rechtliche Bindung ein solches Statut im Streitfall in bestimmten Punkten haben kann, gehen wir auch neue Wege. So sondieren wir derzeit die Möglichkeit, über rechtlich verbindliche Tarifverträge zwischen Betrieb und Gewerkschaft kollektive Strukturen festzuschreiben. Auch ein „Holding-Modell“ – vergleichbar mit dem Konstrukt des Mietshäusersyndikats -, bei dem die Föderation als Mitgesellschafter der einzelnen Betriebe auftritt und mit bestimmten Vetorechten ausgestattet ist, ist aktuell in der Diskussion.
Zu diesem Themenkomplex bieten wir immer wieder Seminare an. Siehe Veranstaltungen. Auch ein Blick unter Beratung kann hilfreich sein. Hier finden sich mehrere Initiativen, die entstehenden Kollektiven Hilfe anbieten.
Unser Gewerkschaftsverständnis geht über das herrschende, sozialpartnerschaftliche Modell, bei dem die Gewerkschaft der Verhandlungspartner der Chefetage in Sachen Arbeitsbedingungen ist, hinaus. Wir stehen in der syndikalistischen Tradition, in der die Gewerkschaft nicht nur die Bedingungen im Hier und Jetzt verbessern will, sondern auch die Keimzelle einer neuen Gesellschaft sein möchte. Aus dieser Perspektive macht es Sinn, dass auch Arbeiter*innen aus Kollektivbetrieben sich gewerkschaftlich organisieren.
Darüber hinaus stehen Kollektivbetriebe nicht außerhalb des Kapitalismus und die Verbindungen zu „normalen“ Betrieben sind vielfältig. Angefangen bei einzelnen Kollektivmitgliedern, die nicht notwendigerweise ihr Leben lang oder ausschließlich in Kollektivbetrieben arbeiten, über einzelne Betriebe, die sich von Chefbetrieben zu Kollektivbetrieben transformieren – oder auch andersherum – bis hin zu den gemeinsamen ökonomischen Rahmenbedingungen: Wenn etwa in einer Branche Dumpinglöhne bezahlt werden, wird es auch dem Kollektivbetrieb schwerfallen vernünftige Löhne auszuzahlen. Für uns macht es deshalb Sinn, wenn sich – neben der Föderation der Betriebe – die Arbeiter*innen aus Kollektiv- und Chefbetrieben gemeinsam in einer Gewerkschaft organisieren. Hier finden sich weitere Informationen zu unserer Gewerkschaft FAU.
Für manche steht hinter der Gründung eines Kollektivbetriebes eine politische Strategie, für andere ist sie aus der Not geboren oder hat sich einfach so ergeben. Wiederrum andere wollen einfach nur ohne Chef arbeiten. Generell empfehlen wir, die Diskussion um Kollektivbetriebe weniger aufgeladen zu führen und erstmal die Realität zu aktzeptieren, dass es Kollektivbetriebe gibt und geben wird. Und wir begrüßen es, wenn sich auch die Arbeiter*innen aus Kollektiven über ihren Betrieb hinaus organisieren. Für uns können Kollektivbetriebe durchaus auch ein Teil einer breiteren sozialen Transformationsstrategie sein – mit allen Problemen und Widersprüchen, die dieser Ansatz auch mit sich bringt. Davon abgesehen werden sich im Umfeld jeder – einigermaßen erfolgreichen – politischen Bewegung früher oder später auch Wirtschaftsunternehmen bilden, mit samt der Frage, welche Form diese annehmen sollen.
Fragen zur Mitgliedschaft
Viele Kollektivbetriebe dürften (noch) nicht alle
Prinzipien erfüllen. Gerne geben wir natürlich Hilfestellung und beraten, wie sich das ändern lässt. Einige Hürden dürften leicht zu überwinden sein (siehe z.B. unser
internes Musterstatut für Kollektivbetriebe, was die verbindliche Struktur angeht oder den
Antrag auf FAU-Mitgliedschaft, was den gewerkschaftlichen Organisierungsgrad betrifft), über andere Dinge müssten wir mal reden. Wir schließen aber auch nicht aus, dass es spezifische Situationen gibt, die es unmöglich machen, bestimmte Punkte zu erfüllen. Deshalb kann ein Föderationstreffen auch Ausnahmen beschließen, sofern dies der grundlegenden Intention unserer Kriterien nicht widerspricht. Abweichungen müssen in solchen Fällen begründet und transparent gemacht werden (siehe hierzu das
Statut der union coop // föderation).
Für uns ist es aber auch ein willkommener Nebeneffekt unserer Organisierung, wenn Kollektivbetriebe sich an unseren Prinzipien orientieren, ohne überhaupt alle Prinzipien erfüllen oder Mitglied der Föderation werden zu wollen.
Bei Fragen nehmt bitte Kontakt auf oder meldet euch für einen Beratungstermin an.
Ja. Es ist sicherlich nicht die ideale Form, allerdings kann a) ein Einzelunternehmen die Keimzelle eines Kollektivbetriebes werden und b) sehen wir die Föderation – gerade in Hinsicht auf eine engere wirtschaftliche Verschmelzung, die wir anstreben – bereits als einen kollektiven Rahmen. Siehe hierzu auch unsere
unsere Statuten.
Ja. Natürlich erleichtert eine räumliche Nähe die Zusammenarbeit, allein schon die Teilnahme an Treffen, allerdings streben wir auch eine überregionale Ausweitung der Föderation mit lokalen Sektionen an.
Grundsätzlich sind wir für Kooperationen mit gleichgesinnten Gewerkschaften offen. Vorausgesetzt die jeweilige Gewerkschaft sieht dies ähnlich, können wir sicher einen gemeinsamen Weg finden. Andernfalls empfehlen wir die Doppelmitgliedschaft in der
FAU.
Nein, Grundlage unserer Organisierung sind unsere
Prinzipien und das
Statut der Föderation.
Nein. Grundsätzlich finden wir es natürlich wichtig, unseren Ansatz auch offensiv nach außen zu vertreten und z.B. Konsument*innen eine Transparenz und Orientierung zu bieten, allerdings gibt es nachvollziehbare Gründe für uns, dass einzelne Betriebe sich eher bedeckt halten müssen oder wollen.
Aktuell verursacht die Mitgliedschaft keine Kosten für den Betrieb – abgesehen von den Gewerkschaftsbeiträgen für die einzelnen Mitglieder. In der Aufbauphase haben wir auf feste Mitgliedsbeiträge verzichtet und uns durch Spenden und Aktionen wie den
Soli-Espresso »Schwarze Katze« finanziert. Daneben gab es natürlich auch Unterstützung durch die
FAU. Uns war aber immer klar, dass wir perspektivisch auch Beiträge von den Betrieben brauchen, zumal wir diverse Fonds aufbauen möchten. Ein Modell hierzu ist grade in der Diskussion. Eins ist allerdings auch klar: An finanziellen Hürden soll eine Mitgliedschaft nicht scheitern. Siehe hierzu auch unsere
unsere Statuten.
Bei weiteren Fragen nehmt Kontakt mit uns auf oder meldet euch für eine Beratung an.